Seit jeher gibt es eine große Begriffsverwirrung um das Wort Ego. Ohne ein Ego könnten wir hier nicht existieren, wir benötigen es, um in der Welt Erfahrungen zu machen, unsere Ideen zu verwirklichen, uns selbst in Vergangenheit und Zukunft zu erkennen.
Dieses Ego würde ich eher als „Authentisches Ich“ oder vielleicht noch besser als „SELBST“ bezeichnen.
Es gibt aber noch so etwas wie ein „verändertes“ Ego und das ist eine vom konditionierten Verstand erschaffene Illusion, wodurch so vieles , was uns begegnet, fehlinterpretiert wird, wodurch Zank und Streit entstehen, EIN Mensch sich über den ANDEREN erhebt.
Je stärker wir uns mit unseren Denkvorgängen identifizieren, —die ja immer der Vergangenheit entspringen, dem familiären Hintergrund, der Erziehung und Kultur, mit dem, was wir mögen oder nicht mögen, desto stärker werden wir von unseren Emotionen hin-und hergeschüttelt und fühlen uns von allen anderen Wesen getrennt.
Das erzeugt eigenes Leid, welches dann auf andere Menschen übertragen wird. So werden gerade Menschen, die nicht das im Leben erreichen konnten, was sie sich einmal erträumt haben, versuchen, ihre Frustration durch Feindseligkeiten und Angriffe auf andere zu kompensieren. Das geschieht im zwischenmenschlichen Bereich ebenso wie im Leben ganzer Völker.
Die meisten Menschen leben völlig unbewusst, werden zwischen Zu- und Abneigung, zwischen Schmerz und Freude hin- und hergerissen. Sie identifizieren sich mit ihrer persönlichen Geschichte. Daraus setzt sich dann das veränderte Ego zusammen, nämlich aus Gedanken und Emotionen, aus einem Bündel von Erinnerungen, aus Rollen, die gewohnheitsmäßig gespielt werden, sowie aus Vorlieben und Abneigungen, die eine Zeitlang Gültigkeit haben und dann durch neue ersetzt werden.
Alles, was wir im menschlichen Dasein erfahren, ist vergänglich und für das veränderte Ego lauert der Tod im übertragenen Sinne immer gleich um die nächste Ecke. Deshalb wird es danach trachten, sich zu schützen, ums Überleben zu kämpfen, mit anderen zu wetteifern, bzw. sie abzuwerten, um sich selbst als größer, klüger und wertvoller darzustellen.
Das geht am besten, wenn der Andere als FEIND betrachtet wird, den es zu vernichten gilt. Jeder kann das unschwer am kollektiven Ego von Völkern, Religionsgemeinschaften und Nationen erkennen. Aber auch im täglichen Miteinander, in der Wirtschaft, der Nachbarschaft , in sozialen Netzwerken und Foren ist es zu beobachten.
Das veränderte Ego entsteht aus vielen Geisteshaltungen, z.B. aus Habsucht, aus Machtgier, aus Stolz und Eitelkeit, aus einem Minderwertigkeitskomplex, es ist einfach identifiziert mit mentalen Formen, nicht mit dem SEIN, und die meisten Menschen merken es noch nicht einmal. Sie agieren einfach unbewusst, sie beobachten sich nicht selbst, ergründen nicht ihre Motive und Anhaftungen, ihr Verlangen nach Anerkennung, Macht, Ansehen und unbedingter Zugehörigkeit.
Ein Mensch, der ein starkes verändertes Ego hat, beklagt sich gern und reagiert mit Ärger auf andere Menschen oder auf Situationen, kann nicht vergeben, kultiviert lang andauernden Groll in sich, will andere ins Unrecht setzen, fühlt sich über- oder unterlegen, nimmt alles persönlich ….. usw.. Er ist gefangen in einer Irrsinnsspirale.
Negative Gemütsregungen wie Wut, Angst, Hass, Groll, Kritiksucht, Unzufriedenheit, Neid, Eifersucht werden oft gar nicht als negativ erkannt, sondern gelten als total gerechtfertigt, sie werden oder wurden ja von „anderen“ oder der Gesellschaft ausgelöst und sind demnach nicht selbst erzeugt. Den ANDEREN für seinen eigenen Schmerz verantwortlich zu machen, schwingt beim veränderten Ego immer mit.
Negativität ist ein Kennzeichen des veränderten Ego, sie ist vollkommen unnatürlich und verschmutzt das Selbst. Meiner Ansicht nach ist der Zustand der Welt auch eine Spiegelung der Negativität im Inneren derjenigen Menschen, die keine Verantwortung für ihr inneres Sein übernehmen wollen.
Wir SIND nicht unser verändertes Ego, sondern etwas viel Größeres: BEWUSSTSEIN, SEIN – das „ICH-BIN“ – ein Teil des großen Göttlichen Bewusstseins, von dem wir nicht getrennt sind. Doch wir besitzen die Freiheit, uns selbst davon abzuschneiden und ein kleines begrenztes Menschendasein zu führen, müssen dann aber auch die Konsequenzen in Kauf nehmen, die immer aus Getrenntsein und Leid bestehen.
Es ist nicht notwendig, sich durch irgendeine Aktion von seinem veränderten Ego zu befreien. Wir sollten es nur als das, was es ist, in uns erkennen, nämlich ein Produkt unseres Verstandes, welches durch Denken aufrechterhalten wird. Da das veränderte Ego eine Illusion ist, wird es sich, einmal erkannt und immer wieder beobachtet und entlarvt, eines Tages von selbst auflösen und das eigentliche Selbst hervorscheinen.
Wie alles im Leben, ist auch das nur eine Frage des Bewusstseins und des ehrlichen Willens, aus diesem Sumpf der Konditionierungen durch vergangene Erfahrungen und Fehlinterpretationen auszusteigen.
Doch jeder prüfe sich, ob er wirklich genug vom Leid hat und dazu bereit ist. Viele Menschen lieben ihr Leid, ihre Negativität, denn es gibt ihnen eine Identität- und wer wären sie ohne dies?
Wer sich vom veränderten Ego befreit, indem er dessen subtile Beeinflussung durchschaut, wertet seine menschliche Erfahrung nicht ab, er geht nur darüber hinaus und erkennt, wie viel mehr es ohne ein verändertes Ego auf der Welt zu entdecken gibt.
Angela